Kondratieffzyklen sind lange Wellen der Konjunktur. Mit der weltweiten Rezession der Jahre 2001-2003 ist der letzte, der fünfte Kondratieffzyklus, der von der Informationstechnik getragen wurde, zu Ende gegangen. Parallel dazu hat ein neuer Langzyklus, der sechste Kondratieff, begonnen. Er wird vom Bedarf nach ganzheitlicher Gesundheit angetrieben und wird den Ländern, die diesen Langzyklus führend beherrschen, für ein halbes Jahrhundert Prosperität und Vollbeschäftigung bringen.
Einleitung
In der Marktwirtschaft gibt es keinen gleichförmigen Verlauf, vielmehr wechseln Aufschwung und Abschwung einander regelmäßig ab. Die kurzen Wirtschaftszyklen mit einer Dauer von ca. drei Jahren werden Kitchinzyklen genannt, die mittleren mit einer Dauer von 7-11 Jahren heißen Juglarzyklen. In der Marktwirtschaft treten aber auch lange Schwankungen mit einer Periode von 40-60 Jahren auf. Nach ihrem Entdecker Nikolai Kondratieff werden sie Kondratieffzyklen genannt. Auslöser dieser langen Wellen sind Basisinnovationen (Abb. 1).
Basisinnovationen verändern die Gesellschaft grundlegend
Basisinnovationen sind bahnbrechende Erfindungen, die durch vier Merkmale charakterisiert sind: Sie bestimmen die Hauptrichtung des Innovationsgeschehens über mehrere Jahrzehnte; sie bringen einen neuen Markt mit Millionen neuer Arbeitsplätze hervor und prägen maßgeblich das weltweite Wirtschaftswachstum; sie haben einen Lebenszyklus von 40-60 Jahren und sie führen zu weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen.
Basisinnovationen des vierten Kondratieffs waren Mineralölwirtschaft und Automobilindustrie. In diesem Langzyklus waren sie die größten Investoren in Forschung, Entwicklung und Produktion sowie die größten Arbeitgeber. Um sie herum entstand ein breites Netz von Zulieferern, Kunden und Nutzern, die dem Langzyklus eine Leitfunktion für die gesamte Wirtschaft verschafften: Stahlhersteller und Reifenproduzenten, Brücken-, Autobahn- und Straßenbaufirmen, Raffinerien und Pipelinehersteller sowie Tausende von kleinen und mittleren Lieferanten von Metall-, Elektro-, Elektronik- und Kunststoffteilen.
Auch der Dienstleistungssektor profitierte von Auto und Petrochemie (Banken, Versicherungen, Handel, Tankstellen, Transportunternehmen, Speditionen, Automobilclubs, Tourismus). Neue Berufe und ein neues Rechtssystem, das Verkehrsrecht, wurden geschaffen und ihnen verdanken Millionen von Menschen ihren Arbeitsplatz: Kfz-Mechaniker, Lkw-, Bus- und Taxifahrer, Kfz-Sachverständige, Fahrschullehrer, Verkehrspolizisten, Ingenieure, Wissenschaftler, Rechtsanwälte und Richter. In den Ländern, in denen die Automobil- und Petrochemie florierte, entstand Vollbeschäftigung. Jeder fünfte Arbeitsplatz z.B. in den USA wurde im vierten Kondratieff direkt oder indirekt vom Automobil abhängig.
Die bisherigen Kondratieffzyklen
Seit dem späten 18. Jahrhundert konnten fünf Kondratieffzyklen empirisch nachgewiesen werden. Der erste Langzyklus wurde durch die Erfindung der Dampfmaschine und grundlegende Innovationen in der Textilindustrie ausgelöst (Schnellschützen-Handwebstuhl, Mule-Spinnmaschine, Spinning-Jenny). Eisenbahn und Stahl führen die Wirtschaft in den zweiten Kondratieff. Mit der führenden Stellung in Dampfkraft und Stahl übernimmt Großbritannien die Führungsrolle in den ersten beiden Kondratieffzyklen. Auf dem Höhepunkt des zweiten Langzyklus liefert der Inselstaat fast ein Viertel der Weltproduktion.
Der dritte Kondratieff war der erste Langzyklus, der von der praktischen Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse getragen wurde. Die Entdeckung des Elektrodynamo-Prinzips durch Werner von Siemens erlaubte die Umwandlung mechanischer Energie in elektrische, und die Erkenntnisse des Aufbaus der Materie durch die Quantenmechanik schuf das Wissen, das man benötigte, um Stoffe manipulieren zu können – die Grundlage der modernen Chemie. Auf beiden Gebieten waren die deutsche und amerikanische Industrie besonders erfolgreich.
Der dritte Kondratieff geht mit der Weltwirtschaftskrise zu Ende. Die Überwindung dieser Krise in Deutschland wird oft mit der Politik der Nationalsozialisten begründet. Das ist nicht richtig. Der neue Langzyklus, der vierte Kondratieff, war ein weltweites Phänomen und wäre auch ohne Hitler gekommen, denn seine Träger, Automobil und Petrochemie, waren in den 1930er Jahren reif für einen Aufschwung.
Der vierte Kondratieff markiert den Höhepunkt der Industriegesellschaft. Er bringt den Massenverkehr auf der Straße und in der Luft und eine weitere Ausbreitung von Massenproduktion und Massenvermarktungstechniken. Im vierten Kondratieff bauen die USA ihre Rolle als Weltmacht aus, die Sowjetunion steigt zur zweiten Weltmacht auf. Der vierte Kondratieff ging mit den massiven Ölpreiserhöhungen der OPEC in den späten 1970er Jahren zu Ende.
In den frühen 1950er Jahren begann der fünfte Kondratieff. Seine Antriebsenergie kam aus der Entwicklung und Verwertung der computerbasierten Informationstechnik. Mit dem fünften Kondratieff ging die Industrie-Gesellschaft in die Informations-Gesellschaft über. Wirtschaftswachstum definiert sich seither vor allem als Wachstum des Informationssektors. Mit ständig zunehmender Geschwindigkeit durchdrang die Informationstechnik alle Bereiche der Gesellschaft und verwandelte die Welt informationell in ein Dorf.
Nachdem der größte Teil des Nutzungspotentials des fünften Kondratieffzyklus zur Jahrhundertwende erschlossen war, ging dieser Langzyklus zu Ende. Parallel zum Auslauf des fünften hat der sechste Kondratieffzyklus begonnen. Eine empirische Analyse zeigt, dass Gesundheit in ganzheitlichen Sinn der Träger des neuen Langzyklus sein wird.
Der sechste Kondratieff - GESUNDHEIT
Auf den ersten Blick mag diese Prognose überraschen. Können die Ausgaben für Gesundheit, die betriebswirtschaftlich ja als bloße Kosten, als etwas Negatives eingestuft werden und die man möglichst vermeiden will, in Zukunft die Rolle einer Lokomotive für Wachstum und Beschäftigung übernehmen?
Um diese Prognose nachvollziehen zu können, muss an die Ergebnisse der modernen Wachstumstheorie erinnert werden. Die wichtigsten Quellen für Wirtschaftswachstum sind nur vordergründig Maschinen, Kapital oder Arbeitsplätze. Die eigentlichen Quellen für Wirtschaftswachstum sind Produktivitätsfortschritte. Der 6. Kondratieff wird von einer verbesserten Produktivität im Umgang mit Gesundheit und Krankheit getragen werden.
In Deutschland erreichten die Gesundheitsausgaben im Jahr 2008 ein Volumen von ca. 300 Mrd. Euro, etwa 11 Prozent des BIP (einschließlich gesundheitsbezogener Einkommensleistungen wie Krankengeld, Entgeltfortzahlungen und Erwerbsunfähigkeitsrenten). Das ergibt eine Pro-Kopf-Ausgabe von ca. 3.600 Euro im Jahr. In den USA flossen im Jahr 2009 etwa 2.500 Milliarden US-Dollar in den Gesundheitssektor – das sind 17,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, 2018 sollen es mehr als 20 Prozent sein (1965 lag der Anteil noch bei 5,9 Prozent). Pro Kopf gibt ein Durchschnittsamerikaner inzwischen mehr als 8.000 Dollar im Jahr für Gesundheit aus. Der größte Ausgabenposten in seinem Leben ist inzwischen nicht mehr das Wohnen, sondern seine Gesundheit.
Ein wichtiger Indikator zur Beurteilung eines Kondratieffzyklus ist das Arbeitsvolumen, das er erzeugt. Die Gesundheitsbranche war im Jahre 2008 in Deutschland mit 4,4 Millionen Beschäftigten der größte Branchen-Arbeitgeber, ebenso in den USA (ca. 20 Millionen Beschäftigte). Zwischen März 2001 und Mai 2009 sind in den USA mehr als 50 Prozent aller neuen Arbeitsplätze des privaten Sektors im Gesundheitswesen entstanden. In den entwickelten Ländern gibt es keinen zweiten Bereich, in dem ohne staatliche Subventionen so viele neue Arbeitsplätze entstehen können.
Wenn vom Gesundheitswesen die Rede ist, dann ist normalerweise der schulmedizinisch geprägte herkömmliche Gesundheitssektor gemeint (Abb. 2). Er hat im Jahre 2009 weltweit ein Volumen von ca. 10.000 Mrd. US-Dollar erreicht.
In der Vergangenheit wurden im herkömmlichen Gesundheitswesen große Fortschritte erzielt. Viele Krankheiten, die früher als unheilbar galten und tödlich verliefen, können geheilt werden. Zahllose Medikamente wurden entwickelt, um Beschwerden und Krankheiten zu mildern. Die Geschichte der Medizin in den letzten Jahrhunderten war eine Erfolgsstory.
Aber diese Erfolgsstory droht zu Ende zu gehen. Seit dem späten 20. Jahrhundert reichen die erzielten medizinischen Fortschritte nicht mehr aus, um die Dynamik und die Komplexität des modernen Lebens mit seinen hohen Anforderungen an die körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte angemessen zu bewältigen. Die Menschen werden früher krank, häufiger krank und müssen immer länger medizinisch betreut werden. Die Zahl der Diabetiker z.B. ist stetig angestiegen und soll sich in Deutschland in den nächsten zwanzig Jahren verdoppeln. Jeder dritte Deutsche über 40 leidet an verstopften Blutgefäßen. Die Zahl der Krebsneuerkrankungen nimmt in Deutschland seit Jahrzehnten stetig zu und soll bis zum Jahr 2020 um weitere 20 Prozent ansteigen. Eine halbe Million Menschen in Deutschland sind auf Grund einer sozialen Phobie und aus Angst zu versagen alkoholkrank. Die Zahl der Arztbesuche pro Kopf der Bevölkerung ist zwischen 2004 und 2008 um mehr als zehn Prozent gestiegen. Gesundheit hat sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu einem akuten Bedarfsfeld entwickelt – ein wichtiger Frühindikator zur Identifizierung eines Kondratieffzyklus. _____________________________________________________________________
Das herkömmliche Gesundheitswesen • Medizintechnik, Pharmaindustrie, Ernährungsindustrie • Krankendienste Ärzte, Heilpraktiker, Krankenhäuser, Krankenkassen, Krankenversicherungen, Apotheken, Kurbetriebe, öffentliche Gesundheitsdienste, Pflegeeinrichtungen • Betriebsinterne Gesundheitsdienste Gesundheit als Wettbewerbsfaktor, Aus- und Weiterbildung (z.B. in sozialer Kompetenz), Personalentwicklung, Gesundheitsmanagement • Sonstiges (gesundheitsorientiert) Handwerker (z.B. orthopädische Produkte), Sportartikel und -anlagen, Fitnessstudios, Verlage mit Spezialsortiment, Spezial-Software Der neu aufkommende Gesundheitssektor • Biotechnologie • Umweltschutz (überwiegend) • Naturheilverfahren, Naturwaren, Naturkost • Komplementäre/alternative Medizin • Wellness/Fitness, Gesundheits-Tourismus • Sinne (Farbe, Geruch, Musik), Architektur (innen, außen), Baustoffe, Materialien, Textilien, Bekleidung • Eigenmedikation und Eigenbehandlung • Betriebliches Gesundheitsmanagement • Psychologie, Psychosomatik, Psychiatrie, Psychotherapie • Religion/Spiritualität _____________________________________________________________________
Ganzheitlich betrachtet wird mit dem Begriff Gesundheit ein breites Spektrum von Teilgebieten angesprochen. Neben dem schulmedizinisch geprägten herkömmlichen Gesundheitswesen hat sich ein zweiter Gesundheitssektor etabliert (Abb. 2), der sich durch hohe Innovationstätigkeit auszeichnet und aus dem bisher die wichtigsten Impulse für den 6. Kondratieff hervorgegangen sind.
Der herkömmliche Gesundheitssektor ist ein wesentlicher Teil des 6. Kondratieffs, aber nicht seine Basisinnovation. Er ist zu stark am materialistischen Weltbild des 19. Jahrhunderts orientiert, der Mensch wird im Wesentlichen als eine Biomaschine angesehen. Grundlegende Erkenntnisse der Physik aus dem 20. Jahrhundert, dass der Ursprung der Materie nichts Stoffliches, sondern etwas Immaterielles ist und dass jede Materie auch Schwingung, also reine Information ist, werden hartnäckig ignoriert. Demzufolge werden auch die nicht-stofflichen Einflussfaktoren der Gesundheit, die oft wichtiger als die stofflichen sind, nicht angemessen berücksichtigt.
Bei genauer Betrachtung ist das herkömmliche Gesundheitswesen kein Gesundheitswesen, es wird nur so genannt. Mehr als 97 Prozent der Finanzmittel werden für die Erforschung, Diagnose, Therapie und Verwaltung von Krankheiten ausgegeben. Es ist de facto ein Krankheitswesen. Behandelt werden vorzugsweise Symptome, und die Therapien, die eingesetzt werden, sind keinesfalls harmlos. Die vorschriftsmäßige Einnahme von Pharmaprodukten z.B. ist die vierthäufigste Todesursache in den USA.
Zwei Basisinnovationen tragen den 6. Kondratieff
Hauptträger des 6. Kondratieffs sind psychosoziale Gesundheit und Biotechnologie. Mit der Biotechnologie kann das riesige Innovationspotenzial der Gene in Umwelt- und Naturschutz, Ernährung, Medizintechnik, Therapien, Medikamenten, Landwirtschaft, Energieerzeugung, neue Werkstoffe, biologische Informationsverarbeitung usw. erschlossen werden. Im Jahre 2008 erreichte die Branche weltweit einen Umsatz von mehr als 100 Mrd. US-Dollar. Wachstumsgrenzen für die nächsten Jahrzehnte sind nicht erkennbar.
Die zweite Basisinnovation ist die psychosoziale Gesundheit. In diesem Bereich schlummern noch größere Produktivitätsreserven. Addiert man alle Schäden, Kosten und Verluste, die weltweit durch Unordnung und Destruktivität entstehen – Diebstahl, Betrug, Drogen, Gewalt, Korruption, Menschenhandel, Umweltzerstörung, Energievergeudung, militärische Einsätze, Ausgaben für innere und private Sicherheit, Terrorismus usw., dann erhält man einen Betrag von ca. 14.000 Milliarden US-Dollar. _____________________________________________________________________
• Gewalt, Kriminalität, Drogen Kriminalität verursacht Schäden weltweit von mehr als 1.400 Mrd. US-$ p.a. In Deutschland wird 200.000 mal im Jahr eingebrochen. Jeder fünfte männliche US-Amerikaner im erwerbsfähigen Alter ist kriminell. Zehn Prozent des Welthandels sind Plagiate. Drogen: mehr als 800 Mrd. US-$ Umsatz p.a.. Schmiergelder und Korruption verursachen ca. 5 Prozent der Wirtschaftskosten (weltweit etwa 3.500 Mrd. US-$). Alkohol: mehr als 800 Mrd. US-$ Umsatz p.a. Der Schaden durch Alkohol ist höher als der Alkoholumsatz.
• Umweltzerstörung und Energieverschwendung Umwelt: jährliche Zerstörung entspricht ca. 10% des Weltsozialprodukts (ca. 7.000 Mrd. US-$ p.a.). Jährliche Rohstoff- und Energievergeudung weltweit ca. 3.000 Mrd. US-$.
• Ausgaben für Militär, innere und private Sicherheit, Terrorismus Militärausgaben: mehr als 1.000 Mrd. US-$ p.a. Kosten der inneren Sicherheit: 1.500 Mrd. US-$ p.a. (Polizei, Gefängnisse, Gerichte, Sicherheitsanlagen, Waffen u.ä.). Geheimdienste kosten weltweit mehr als 100 Mrd. US-$ p.a. Kosten der Bürger-Kriege: 2. Weltkrieg (4.000 Mrd. $), Korea Krieg (340 Mrd. $), Vietnam Krieg (720 Mrd. $), Golfkrieg (102 Mrd. $), Iran-Irak-Krieg (150 Mrd. $), Jugoslawien (?), Tschetschenien (?), Nordirland (?), Afghanistan (?), Irak (?), Libanon (?), Angola (?), Ruanda (?), Somalia (?).
• Soziale Kosten (Streiks, Arbeitslosigkeit) Streiks: weltweit mehrere Millionen Streiktage p.a. Kosten der Arbeitslosigkeit: 300-500 Mrd. US-$ p.a. in den Industrieländern. Gewalt und Zerfall der Familien: In den USA wird jede zweite Ehe geschieden, in Deutschland mehr als jede dritte, in Österreich jede zweite. Gewalt und Streit in Schulen und Nachbarschaft. Permanente psychische Belastungen durch unsichere und befristete Arbeitsverhältnisse.
• Strukturbedingte Krankheitsursachen und Verwerfungen Unzureichende Gesundheitskompetenz, zu niedrige Produktivität, ungesunder Lebensstil. Informationsdefizite. Mensch auf Biomaschine reduziert. Unzureichender Leistungswettbewerb, starke Partikularinteressen, unzureichende Prävention. Falsche Anreize: Zu starke finanzielle Abhängigkeit der Leistungserbringer von einer ausreichenden Zahl von Kranken und Krankheiten. Vernachlässigung sozialer, seelischer, geistiger und spiritueller Faktoren (mindestens 30 % der Patienten, die einen praktischen Arzt aufsuchen, leiden vorwiegend an seelischen Störungen. Angst verursacht weltweit jährliche Schäden von etwa 2.000 Mrd. Euro, Mobbing/Bossing von ca. 100 Mrd. US-$.). Krankheitskosten verursacht durch schlechte Wasserqualität, Schlafstörungen, Luftverunreinigungen, Lärm, Rauchen (ca. 4 Millionen Tote jährlich), Medikamentenmissbrauch = unbekannt, aber erheblich.
Diese riesigen Verluste, Schäden und Kosten können als entropischer Sektor bezeichnet werden. Sie gehören zum ganzheitlichen Gesundheitswesen, weil sie die Folgen von seelischen, sozialen und spirituellen Störungen und Erkrankungen sind. Ein sozial gesunder Mensch hat Gemeinschaftsgefühl und raubt keine fremden Wohnungen aus. Ein seelisch gesunder Mensch ist nicht käuflich, er geht verantwortlich mit der Natur um und tritt für das Wohlergehen aller Menschen ein. Ein spirituell gesunder Mensch hat eine geordnete und vertrauensvolle Beziehung zu Gott, strebt nach Versöhnung und Frieden und verbreitet weder Hass noch Gewalt.
Gesundheit ist mehr als Schulmedizin. Außer Biotechnologie, psychosozialen Disziplinen und einer gesunden Spiritualität besitzen auch Naturheilverfahren, alternative und komplementäre Medizin das Potenzial für deutliche Produktivitätsverbesserungen. Durch ihre Integration mit dem herkömmlichen Gesundheitssektor wird es zukünftig möglich sein, die problematischen Angebote auszusortieren, die Produktivität im gesamten Gesundheitswesen zu verbessern und die dadurch frei werdenden Ressourcen zur Vermeidung und Heilung von Krankheiten einzusetzen. Voraussetzung dazu aber ist, dass ein „Gesundheits-TÜV“ die neuen Angebote prüft und die seriösen von den unseriösen und gefährlichen abgrenzt.
Gesundheit ist mehr als Schmerzfreiheit und Wohlgefühl. Gesundheit ist Kraft, Arbeitslust, Freude an Zusammenarbeit und Leistung. Gesundheit ist die Voraussetzung für intakte Familien, gute Nachbarschaft und belastbare Moral.
Die Seele ist der Träger der inneren Gesundheit. Die wichtigste Ursache für die weltweite Unordnung und Destruktivität sind innere Störungen und Krankheiten. Was einen Menschen innerlich krank macht sind Demütigungen, Beleidigungen, Verletzungen, die Verweigerung von Respekt und Wohlwollen. Kurzum: Was einen Menschen innerlich krank macht ist verweigerte Nächstenliebe.
In den USA wurden in der Nachkriegszeit mehr als 700 wissenschaftliche Studien über den Zusammenhang zwischen Religion und Gesundheit durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass eine gesunde christliche Spiritualität die wichtigste Quelle für seelische Gesundheit und seelische Gesundheit die wichtigste Quelle für soziale Gesundheit ist. In mehr als 70 Prozent der Untersuchungen wurde eine positive Korrelation zwischen christlichem Glauben und Gesundheit festgestellt. Will man Unordnung, Krankheiten und Destruktivität in der Welt wirksam reduzieren, dann muss man beim Inneren des Menschen, bei den positiven Kräften der Seele ansetzen.
Addiert man nun alle Verluste und Kosten, die sowohl von psychosozialen als auch von körperlichen Krankheiten pro Jahr verursacht werden, dann erhält man einen Betrag von 24.000 Milliarden US-Dollar. Das entspricht einem Drittel des Weltsozialproduktes. Wirtschaftlich betrachtet stellen Krankheiten die größte Produktivitäts- und Wachstumsreserve der Welt dar. Fünfzehn Prozent weniger Krankheiten würden genügend Produktivitätsreserven freisetzen, um den 6. Kondratieff in eine Lokomotive für Wachstum und Beschäftigung zu verwandeln.
Den 6. Kondratieff systematisch gestalten
Und es ist auch an der Zeit, dass dieses Ziel bewusst angegangen wird, denn die allermeisten Probleme der Welt kommen von innerlich gestörten oder kranken Menschen. Es sind kranke Menschen, die Kriege planen und durchführen; es sind kranke Menschen, die inhumane Ideologien wie Rassismus, Nationalsozialismus oder Kommunismus erfinden. Alle Formen der Kriminalität kommen von gestörten oder kranken Menschen, ebenso alle Störungen und Belastungen menschlicher Beziehungen und die gefährlichste Bedrohung der Umwelt.
Aber Menschen haben auch das Potenzial zu überragendem sozialem und ökologischem Engagement, zu selbstlosem Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Wahrheit. Die Politik sollte dazu übergehen den 6. Kondratieff langfristig zu gestalten. Anstatt endlose Grabenkämpfe um Gesundheitsausgaben zu führen, sollten sie sich auf Qualität, Produktivität und die Vermeidung von Krankheiten konzentrieren.
Im Gesundheitssektor schlummern die größten Produktivitätsreserven, eine konsequente Erschließung dieser Reserven durch die Weiterentwicklung der heutigen Medizin in Richtung einer ganzheitlichen Heilkunde ist eine Forderung der Zeit. Die Länder, Regionen und Institutionen, die den aufkommenden Gesundheitszyklus führend beherrschen, werden – wie auch in den früheren Kondratieffzyklen – im 21. Jahrhundert zu den Gewinnern gehören.
Quelle: Nefiodow. A. Leo: Der sechste Kondratieff. Wege zur Produktivität und Vollbeschäftigung im Zeitalter der Information. Sankt Augustin, 2006